Außensitz der Allianz

Jon hatte die andere nur mit einem leichten Lächeln angesehen, während er sich nur schwer an den Gedanken gewöhnen konnte, das die andere wirklich zur Allianz gehörte. High Heels samt Make - Up, die meisten Frauen bei der Allianz hatte er anders kennen gelernt. Schon als er sich die Berichte über die Vancouver durchgelesen hatte, war er darüber erstaunt gewesen wie der derzeitige Captain aussah, doch nun sah er abermals eine solche Seltenheit. "Freut mich Lieutenant Walker." Meinte schließlich auch Jon und salutierte noch einmal knapp, während er die andere noch einmal kurz prüfend besah, ehe er seine Tasche wieder schulterte. Medizinische Test's... im Grunde dürfte er sich auf einen langen tag einstellen, in welchem er teilweise nur an den Geräten der Ärzte hing, während er Kilometer um Kilometer auf einem Laufband hinter sich brachte. "Wenn ich sie direkt etwas fragen darf, was halten sie von diesem Programm? Man hat schon allerhand von der Vancouver geöhrt, stets das beste, doch was genau steckt dahinter? Verstehen sie mich nicht falsch ich wäre nicht her gekommen, wär' ich mir meiner Sache nicht absolut sicher, doch ich bin ehrlich was hinter all den Medienrummel steckt. Die meisten Akten auf die ihn zugreifen konnte waren so weit geschwärzt, das ich manchmal Probleme damit hatte überhaupt einen Sinn daraus zu lesen."
Als die drei sich schließlich langsam in Bewegung setzten, sah er noch einmal kurz zu Chester, wobei er ehrlich Bewunderung für den Mann empfand. Sich trotz seiner Einschränkung hierfür zu melden erforderte Mut, bedeutend viel Mut.

"Machen Sie sich keine Sorgen, Lieutenant Phenix - es ist bereits ein Termin bei einigen Ärzten für Sie nach Ihrer Einschreibung gemacht worden, um Ihren kleinen Defizit so schnell es möglich ist zu beseitigen. Sie werden bald wieder auf dem Damm sein und den jüngeren Soldaten zeigen können, wo es lang geht. Wir haben die Besten dieses Gebiets für Sie zusammen getrommelt", gab Sarah dem älteren Soldaten zur Antwort und lächelte ihm noch einmal zu ehe sich ihre Aufmerksamkeit zurück zu Baker wandte, der ihr eine ganz andere Frage gestellt hatte. Was sollte sie ihm sagen? Sie kannte die Crew der Vancouver kaum, hatte lediglich Benjamin kennen gelernt und dabei festgestellt, dass er weitaus lockerer drauf sein konnte als der erste Blick gesagt hatte, selbst wenn sie jetzt mit Grauen daran dachte, wie er inmitten der Haie in dem Becken in Dubai schwamm, während sie sich gemeinsam mit Ian einen schönen Tag gemacht hatte. Es war alles ganz anders geworden, als sie es sich gedacht hatte, aber sie war immerhin auf ihre Kosten gekommen - in jeder Beziehung, so dass ihr selbst diese Planänderung nichts weiter ausgemacht hatte. Mit einer kurzen Handbewegung deutete sie den beiden Soldaten an ihr ein paar Schritte durch den großen Außensitz zu folgen ehe sie sich selbst in Bewegung setzte, darauf achtend, dass Chester hinter Baker und ihr nicht weiter zurückblieb.
"Ich halte sehr viel von dem Schiff und seiner Crew, Gunnery Chief. Sie waren es, die dafür verantwortlich waren, dass die Reaper gestoppt wurden und sie waren es, die auch Cerberus endlich ein Ende bereitet haben", begann sie dann zu erklären und fasste damit das in Worte, was sie sich zuvor sorgfältig vorbereitet hatte. Sie wollte in keinem Fall die Crew schlecht machen, nur weil sie einen unqualifizierten Kommentar von sich gegeben hätte. "Sie sind Allianz-Legenden und das mit gutem Recht. Die Akten konnten Sie natürlich nicht einsehen - das Schiff steht unter dem Befehl des ersten menschlichen Spectre und ich wäre sehr enttäuscht davon, wenn Sie soweit einen Einblick bekommen hätten, dass Sie wüssten, worauf Sie sich einlassen."

"Wenn ich das aus ihrem Mund höre beruhigt mich das ungemein." Erwiderte Jon nur keck, ehe er der anderen weiter folgte. Er konnte ihre Lage durchaus verstehen, wahrscheinlich hatte sie nicht einmal die Möglichkeit irgendetwas genaueres über die Vancouver zu sagen außer das, was allgemein bekannt war, doch allein die Wiederholung all jener Dinge ließ ihn noch einmal darüber nachdenken, was für einen unheimlich große Chance dies war. Er begegnete immer wieder dem Blick der anderen, zog ab und zu sogar die Augenbraue in die Höhe, sagte jedoch nichts weiter. Er war noch immer überrascht darüber, was eine solche Frau beim Allianz Militär tat, außer die Moral der Truppen deutlich zu heben. Was nun den dritten Mann im Rollstuhl anging. Der Name Phenix war ihm durchaus geläufig, auch wenn er den anderen nicht ohne weiteres erkannt hätte. Soweit Jon wusste war er der erste wahre Vertreter des N Pogramm's gewesen, damals eine wahre Koryphäe der Allianz und ein Beweis dafür, zu was die Menschheit mit ausreichenden militärischen Mitteln möglich war. Er hatte sogar den ein anderen Einsatzbericht gelesen der ihm zur Verfügung gestanden hatte und das pragmatische Vorgehen des anderen hatte ihn dabei immer und immer wieder in's staunen versetzt. Als sie schließlich an einen der Räume halt machten, zog Jon noch einmal seinen Seesack zurecht und strich sich kurz durch das braune Haar, ehe er lachend bemerkte das wohl keiner der Soldaten ohne einen langgezogenen Blick an Sarah vorbei kam. "Ich glaube fast das sie hier für einiges an aufsehen Sorgen Lieutenant."
Bemerkte er schließlich, noch immer schmunzelnd während er kurz darauf zu Chester sah, welcher noch immer seine monotone Miene aufgesetzt hatte.

Chester hob die Augenbrauen, ehe er entnervt schnaubte. "Soldat Augen hoch sie notgeiler Sack" bellte er schließlich und schüttelte nur den Kopf. "Haben seit der Grundausbildung ihre Waffe wohl nur allein poliert das sie einem Second Lieutenant so dumm kommen müssen. Die Frau ist kaum Älter als sie und jetzt schon höher als sie je kommen würden. Ich bin direkt auf der Höhe des Körperteils das sie dauernd anstarren und habe es nicht nötig mich zu gebären und ich sitz im Rollstuhl. Und jetzt stellen sie sich ordentlich hin! Den einzigen Fick den sie sich nämlich hier abholen ist der Anfick! Also könnten wir jetzt bitte so tun als wären wir Allianz Soldaten und nicht herum tollen wie kleine Blumenmädchen?" er sah schließlich zu Sarah hoch, ehe er ihr ein weiteres Lächeln schenkte.
"Ich bin ihrem Team sehr dankbar für diese Chance. Wenn das funktioniert werde ich alles dafür tun um über all meine Grenzen zu gehen und zugelassen zu werden" erklärte er und hob die Hand erneut zum salutieren nach oben, wobei sein Ärmel etwas hinabrutschte und das Zeichen der System Alliance offenbarte welches dort eingebrannt war. Scheinbar ein Hinterbleibsel seiner Zeit als Rekrut.

"Sie können den Lieutenant doch nicht in so eine Verlegenheit bringen Sir, am Ende läuft uns Lieutenant Walker noch rot an." Er kannte die strenge älterer Männer bereits zur genüge, zumal seine gesamte Zeit beim Militär davon dominiert wurde und selbst im aktiven Dienst hatte er es meist mit Männern an seiner Seite zu tun gehabt, die mindestens zehn Jahre älter waren als er. Schlussendlich jedoch tat Jon wie ich ihm geheißen, während er seinen Blick noch ein letztes mal zu Sarah wandern ließ. Die Test's die nun kommen würden brachten ihn nicht wirklich in Bedrängnis, zumindest war Jon fest davon überzeugt, auch wenn er wusste das es bei der Allianz die Devise gab immer bis an die Grenzen zu gehen. Selbst bei solchen einheitlichen Test's wurde ihm nicht gesagt ab wann er das Maß erfüllt hatte, das er erreichen musste. Die Soldaten sollten jedes einzelne mal zeigen wo ihre Grenzen lagen. Waren dieser unter dem Niveau der jeweiligen Einheit so dürften sie den Rücktritt antreten, andernfalls ging es weiter zum nächsten Test. Ein simples Prinzip, das er jedoch selbst bisher immer gemocht hatte.
Er besah sich noch einmal kurz die anderen Soldaten, welche teilweise bereits in ihrer Einheit durch das Quartier rückten, mit Ausrüstung und Schusswaffen ausgestattet und bereit zum Abmarsch, während er an einigen Ecken und Enden sogar General's erkannte, welche noch einmal die Aufzählung der Truppen durchgingen. Eines musste Jon zweifelsfrei zugeben, die Allianz wusste womit sie es zu tun haben würde.

"Ich hoffe für Sie, dass Sie ihre äußerst unqualifizierten Worte durch eine entsprechende Kondition und anderweitige Fähigkeiten wieder ausgleichen können, Gunnery Chief, denn leider habe ich bisher in Ihren Dossiers vergeblich nach solchen Erwähnungen gesucht", vermeldete jetzt eine andere Stimme, weitaus härter und abgekühlter als die Sarahs, die jetzt an die Ohren der drei Soldaten drang und zu der sich nur wenig später die Erscheinung Lauras eingliederte, die ihr Datapad sinken ließ und einen der Soldaten weiterschickte, der zuvor noch vor ihr auf einer der Liegen gesessen hatte und ganz und gar nicht zufrieden mit sich selbst gewirkt hatte. Die Wissenschaftlerin war angesichts des nahenden Krieges herangezogen worden, um die Soldaten noch einmal durchzuchecken und ihre Daten durch einige Testprogramme laufen zu lassen, damit die Führungsebene der Allianz unsinnig viele Opfer in diesem Krieg vermeiden konnte und Laura war selbigem Auftrag nur zu gern gefolgt, ging es doch darum, die Erde ein wenig sicherer zu machen, die durch den Angriff Chiaras ohnehin noch geschwächt war. Es war reines Glück gewesen, dass ein Teil des Vancouver-Teams es geschafft hatte, dem ein Ende zu bereiten und dennoch - sie dachte noch mit Schaudern an den Besuch Lengs auf der Acturus, der letztendlich dazu geführt hatte, dass sie sich wieder ihrer Arbeit gewidmet hatte, ohne Jack davon auch nur ein einziges Wort zu sagen.
Jetzt hob sie langsam den Blick von dem Datapad und lenkte ihre gesamte Aufmerksamkeit zu den beiden Neuankömmlingen, unterzog sie bereits im Vorfeld einer eingehenden Musterung und fand dabei allein schon mindestens zwanzig Punkte bei jedem, die es zu verbessern galt. Wobei einer davon Phenix' Verletzung und der andere Bakers Großspurigkeit war, die sich mit Sicherheit durch das Entfernen seiner Zunge beseitigen ließ. "Lieutenant Phenix. Ich dachte nicht, dass ich Sie noch einmal im aktiven Dienst sehen würde, nach allem, was geschehen ist", begrüßte sie den ältesten Soldaten der kleinen Gruppe während der kurze Anflug eines Lächeln über ihr Gesicht huschte und sich sofort wieder in der strengen Miene der Wissenschaftlerin verlor. "Gunnery Chief, setzen Sie sich schon mal."

"Ich lasse Arbeit sehr ungern unerledigt Dr.Evans" meinte er nur lächelnd ohne auch nur Ansatzweise so etwas wie Hass durch seine Mimik oder Sprache durchblitzen zu lassen. Er wusste genau wer die andere war und war sich bewusst, dass auch sie wusste das er es wusste.
Langsam rollte er neben Dr.Evans her, ehe er zu ihr sah und sie genau ins Auge fasste. "Ich habe sie damals beinahe gehabt" meinte er leise und zeigte ein bitteres Lächeln. "Miss Alvarez und ich waren kurz davor sie und ihrem Boss einen gewaltigen Strich durch die Rechnung zu machen. Und jetzt, achtundzwanzig Jahre später roll ich neben ihnen her und bin auf ihre Hilfe angewiesen. Das ist doch alles nurn Witz" er schüttelte den Kopf, bog zusammen mit ihr um eine Ecke und rollte schließlich vor sie, blieb stehen.
"Sie haben mir mein halbes Leben genommen, meinen Sohn und meine Marke. Die letzten zehn Jahre habe ich einsam und alleine in einem alten Apartement verbracht und hatte Probleme damit auch nur alleine mich fertig zu machen. Das alles ist vorbei, Cerberus ist zerschlagen und das ohne mich. Ich war nicht mehr als eine Randnotiz, mit Bleistift gekritzelt. Sie haben mein Leben zerstört Dr.Evans und ich bitte sie nur um eines: Ich weiß nicht was sie mit mir dort drinnen machen, ich muss mich ihnen absolut anvertrauen. Ich habe nur eine Bitte: Bauen sie mir nichts ein was ihnen erlaubt mich zu kontrollieren, was mich behindert oder irgend etwas anderes. Es ist nur eine Bitte, ob sie ihr Nachkommen kann ich nicht überprüfen, sie könnten mich theorethisch auf dem OP Tisch einfach umbringen. Ich weiß es nicht, weiß nicht was all das zu bedeuten hat. Aber ich kenne mein jetztiges Leben - und das bedeutet, das alles was auf diesem OP Tisch passiert und nicht meinen Tod bedeutet eine freudige Überraschung ist"

"Sie verstehen etwas grundlegend falsch, Lieutenant Phenix. Das, was von der Allianz und der Crew der Vancouver vernichtet worden ist, war nicht mehr als ein sterbendes Blatt an einem gesunden Baum, aber das tut einstweilen nichts zur Sache und soll auch nicht von ihrem Belang sein. Sie sind immerhin hier um zurück zur Allianz zu kehren und nicht um alte Feindschaften wieder aufleben zu lassen, die niemals bestanden haben", begann Laura zu antworten, nachdem sie zuvor seelenruhig seine Worte mitangehört hatte und sich beinahe davon belustigt gezeigt hatte. Dachte er etwa wirklich, sie würde sich damit beschäftigen, etwas zu finden um ihn zu kontrollieren, wenn er nur ein einziges Relikt der alten Zeit war, dem sie einmal vor 28 Jahren mehr Bedeutung hatte zukommen lassen, als er es verdient hatte? Damals noch war er eine Gefahr gewesen, weil er zwischen dem Attentäter und der Zielperson gestanden hatte, aber heute sah sie in ihm nicht mehr als einen alten Mann, der wieder zurück zu seinem alten Glanz finden wollte und dabei scheitern würde, wenn er erst mit der harten Wirklichkeit konfrontiert werden würde, denn Chester hatte es bereits erwähnt - er hatte die letzten Jahre zurückgezogen in einem Apartment verbracht und dabei kaum einen Menschen an sich heran gelassen, während die Welt sich weiter gedreht hatte und ihn auf der Strecke gelassen hatte.
Die Wissenschaftlerin deutete ihm kurz mit einer einzigen Handbewegung an, dass er sich bereits zu einem der Räume begeben sollte, ehe sie es sich noch einmal anders überlegte. "Und Lieutenant?", fragte sie und wartete bis der andere sich umgedreht hatte ehe sie ihre Haltung wieder straffte und das Datapad in ihren Händen wieder zurück in den Standby schaltete. "Ich habe keinen Grund, Ihnen etwas derartiges anzutun. Sie überschätzen sich, aber dieser Fehler scheint allen Mitgliedern Ihrer Familie gemein zu sein", vollendete sie ehe sie sich wieder umwandte, um ihre Arbeit fortzuführen, bevor sie sich wieder Phenix zuwenden würde, um ihn wieder zurück auf die Beine zu bringen - im wahrsten Sinne des Wortes.